Erdnussallergie: Was ist das?

Erdnussallergie

Saftiger Kuchen, cremige Erdnussbutter, frische Flips oder knackige Cornflakes – all das klingt für die meisten Menschen so richtig lecker. Was viele nicht wissen: Genau diese Leckereien sind für einige andere überhaupt kein Genuss. Ganz im Gegenteil, sie können unter Umständen eine Gefahr sein – nämlich für Menschen mit Erdnussallergie.

Genauso wie etliche andere Lebensmittel können sie Erdnüsse oder sogenannte Spuren von Erdnüssen enthalten. Bei einigen Allergiker:innen können diese bereits kleinsten Mengen des (Erdnuss-)Allergens zu lebensbedrohlichen Reaktionen führen.1

 
 
 

Erdnüsse als Allergieauslöser

Bei einigen Nahrungsmittelallergien ist eine bestimmte Menge nötig, um allergische Reaktionen auszulösen. Bei der Erdnussallergie reicht oft schon die kleinste Spur.1 Diese Mikrogramm-Mengen sorgen unmittelbar nach Kontakt mit einem erdnusshaltigen Lebensmittel für Symptome – manchmal sogar bereits währenddessen.
Die Allergiesymptome können sich dabei ganz unterschiedlich äußern, z.B. als Hautausschläge, Übelkeit, Erbrechen, und in ihrer Intensität von Person zu Person variieren. Eine gefährliche allergische Reaktion liegt dann vor, wenn sich innerhalb sehr kurzer Zeit die Symptome deutlich verschlechtern. Im schlimmsten Fall führt eine allergische Reaktion zu einem lebensbedrohlichen allergischen Schock mit massivem Blutdruckabfall, Atemnot und Kreislaufstillstand.

Erdnussallergie: Besonderheiten auf einen Blick

Eine Erdnussallergie wächst sich meistens nicht aus: Studien zeigen, dass 8 von 10 Betroffene ein Leben lang leicht bis lebensbedrohlich stark auf das (Erdnuss-)Allergen reagieren.3 Häufig tritt die Erdnussallergie bereits im Kindesalter auf; laut einer Befragung von Betroffenen und Eltern bzw. Sorgetragenden von Betroffenen im Schnitt ab etwa dem sechsten Lebensjahr.4

Auch die Ernsthaftigkeit der Erdnussallergie zeigt sich in dieser Untersuchung: 48 Prozent von 250 befragten Deutschen gaben an, dass sie selbst oder ein Kind in ihrer Obhut aufgrund einer schweren allergischen Reaktion auf Erdnüsse mit Notfallmedikamenten versorgt bzw. ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten.4 In seltenen Fällen kann eine Erdnussallergie sogar tödlich verlaufen.5 

Eine Nahrungsmittelallergie wie die Erdnussallergie kann die Lebensqualität von Allergiker:innen stark einschränken. 

Epidemiologie der Erdnussallergie

Allein in Europa sind mehr als 17 Millionen Menschen von einer Lebensmittelallergie betroffen.6 So lebt bereits eines von vier europäischen Schulkindern mit einer Nahrungsmittelallergie.6 Zu den häufigsten Auslösern für Nahrungsmittelallergien bei Kindern und Jugendlichen zählen Erdnüsse.5 

Dabei stellt die Erdnussallergie ein wachsendes Gesundheitsproblem dar: In Deutschland sind etwa 0,5 bis 1,1 Prozent aller Kinder davon betroffen7. In anderen Ländern wie beispielsweise den USA hat sich die Häufigkeit der Erdnussallergie in den vergangenen Jahrzehnten sogar verdreifacht.8 

Behandlung der Erdnussallergie

Erdnussallergiker:innen müssen Erdnüsse komplett vermeiden – in der Fachsprache Allergenkarenz genannt. Im Alltag der Betroffenen kann dies eine große Herausforderung darstellen, denn viele (Fertig-)Lebensmittel enthalten versteckte Erdnüsse oder zumindest Spuren davon.

Einige Firmen und Universitäten forschen daher an neuen Therapieansätzen gegen die Erdnussallergie, sogenannte Allergen-Immuntherapien (AIT). Ähnlich wie bei der bekannten und seit vielen Jahren eingesetzten Desensibilisierung gegen Pollen, Milben oder Wespengift soll sich der Körper mit genau dosierten Gaben des allergieauslösenden Stoffes an ihn gewöhnen.

Das Ziel der neuen Therapien ist, dass die zufällige Aufnahme von geringen Mengen Erdnüssen nicht gleich zu schweren, gefährlichen allergischen Reaktionen führt. So werden Pflaster mit Erdnuss getestet (epikutane Therapie), die kleine Mengen des Erdnussallergens an die Haut abgeben, um das Immunsystem daran zu gewöhnen. Erforscht wird auch die Gabe von Erdnuss über die Mundschleimhaut (sublinguale Immuntherapie). Ganz neu sind Tests, bei denen das Erdnussallergen unter die Haut gespritzt wird (subkutane Immuntherapie).9 Bei der oralen Immuntherapie (OIT) nehmen Patient:innen standardisierte Mengen an Allergenen in Form von Erdnusspulver, eingerührt in Nahrungmittel, ein.

Doch aufgepasst: Auch mit derartigen Erdnusstherapien können Erdnüsse nicht einfach gesnackt werden. Sie müssen nach wie vor vollständig vermieden werden.

 

Menschen mit Erdnussallergie sind deswegen gezwungen, beim Lebensmitteleinkauf akribisch auf die Zutatenliste zu achten, in der die Hersteller verpflichtet sind, die 14 häufigsten Allergieauslöser aufzuführen, sofern sie enthalten sind. Auch beim Restaurantbesuch oder beim Bäcker sind Erdnussallergiker darauf angewiesen, zunächst nach der Allergenkennzeichnung zu fragen, die schriftlich vorliegen muss. Schwierig wird es bei geringsten Mengen des (Erdnuss-)Allergens: Die Angaben „Kann Spuren von Erdnüssen enthalten“ sowie „In diesem Betrieb werden auch Erdnüsse verarbeitet“ sind nämlich freiwillige Angaben. Sprich, auf die Deklaration ist kaum Verlass. Was zu Hause vielleicht noch ganz gut funktioniert, wird folglich schnell zum Stressfaktor, wenn es um Ausflüge oder gar Urlaube geht. Studien zeigen, dass 58% der Kinder über einen Zeitraum von fünf Jahren unerwünschte Reaktionen aufgrund von zufälliger Exposition mit Erdnüssen hatten.3

Soziale Auswirkungen einer Erdnussallergie

In einer großen Umfrage mit über 1.800 Teilnehmer:innen wurden Menschen mit Erdnussallergie bzw. Eltern oder Sorgetragenden von Erdnussallergiker:innen u. a. zu Einschränkungen in ihrem sozialen Leben befragt.4 Demnach bereitet den Befragten nicht nur die Lebensmittelauswahl Sorgen, sondern auch, ob der Ort, an dem sie verzehrt werden, als sicher erachtet werden kann. Darüber hinaus spielt die Erdnussallergie beinahe in sämtlichen Lebensbereichen eine Rolle. 

Erdnüsse und Spuren von Erdnüssen strikt zu meiden, beeinflusst den Alltag von Betroffenen also ganz erheblich. Viele leben in ständiger Sorge und Angst vor einer lebensbedrohlichen Reaktion.4 Die Erdnussallergie hat das Potenzial, bei besonders stark betroffenen Kindern etwas ganz Entscheidendes zu nehmen: eine unbeschwerte Kindheit. 

Erdnussallergie in Zahlen

Quellen

1. Pumphrey. Lessons for management of anaphylaxis from a study of fatal reactions. Clin Htmlent Glyphamp Asciiamp Exp Allergy 2000;30(8):1144–50.  
2. Anvari S, Anagnostou K. The Nuts and Bolts of Food Immunotherapy: The Future of Food Allergy. Children 2018;5(4):47.  
3. Vander Leek TK, Liu AH, Stefanski K, et al. The natural history of peanut allergy in young children and its association with serum peanut-specific IgE. J Pediatr 2000;137(6):749–55.  
4. DunnGalvin A, Blumchen K, Timmermans F, et al. APPEAL‐1: A multiple country European survey assessing the psychosocial impact of peanut allergy. Allergy 2020;all.14363.  
5. Worm M, Reese I, Ballmer-Weber B, et al. Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien. Allergo J Int 2015;24:256–93.  
6. European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI) 2013. Food allergy & anaphylaxis public declaration. Online: http://dgaki.de/wp-content/uploads/2014/04/FoodAllergyAnaphylaxisPublicDeclarationCombined.pdf. (Letzter Aufruf 07.07.2021).  
7. bea.stiftung zur behandlung von erdnussallergien. Erdnussallergie. Online verfügbar unter: www.bea-stiftung.com/BEA/Erdnussallergie.html. (Letzter Aufruf: 24.06.2020).  
8. Sicherer SH, Muñoz-Furlong A, Godbold JH, et al. US prevalence of self-reported peanut, tree nut, and sesame allergy: 11-year follow-up. J Allergy Clin Immunol 2010;125(6):1322–6.
9. Ramsey N, Berin MC. Pathoge¬nesis of IgE-mediated food-allergy and implications for future immunothera¬peutics. Pediatr Allergy Immunol 2021; 00: 1−10